Kollaps ohne Konsequenz

Theresa Hannigs Roman Parts per Million

Ein Roman über die Radikalisierung einer Journalistin zur gewalttätigen Umweltaktivistin in einer nahen Zukunft, in der die Klimakatastrophe längst keine Nachricht mehr, aber dafür die afd an der Regierung ist: Das klingt nach einem dringlichen Stoff. Theresa Hannigs Roman Parts per Million, ausgezeichnet mit dem Seraph 2025 für das „beste phantastische Buch“, will viel – und liefert dabei erstaunlich wenig.

Denn wo ein Werk über Klima-Aktivismus, Polizeigewalt und Rebellion die scharfe Kante der politischen Fiktion hätte zeigen können, bleibt Hannigs Roman seltsam vage. Statt Systemkritik bietet er Selbstbespiegelung, statt narrativer Tiefe eine autofiktionale Geste, die sich mit Andeutungen begnügt. Das Buch wirkt, als sei es nicht für Leser:innen geschrieben, sondern fürs Feuilleton – oder zumindest für eine Jury, die literarische Relevanz über narrative Konsequenz stellt.

Dabei wäre das Sujet, eine Art postfossile RAF unter digitalem politischem und medialem Dauerfeuer, durchaus spannend. Doch Hannig schrammt arg an der Oberfläche entlang. Die Protagonistin, theoretisch zerrissen zwischen Familie und Revolution, bleibt seltsam unkonkret, ihre Motivation eher Behauptung denn Entwicklung, und während die Welt um sie herum sozial, ökologisch, ideologisch brennt, bleibt der Text kühl. Ein politisches Buch, das sich um manifeste politische Haltung drückt, ist wie ein Thriller ohne Spannung: wohlmeinend, aber blass.

Besonders auffällig ist dabei die Überfrachtung mit biografischem Ballast: Hannigs Heldin trägt eine patriarchalisch beschädigte Familiengeschichte mit sich herum, die weniger vertieft als durchdekliniert wirkt – als müsse die Figur eine seelische Fußnote bekommen. Dass all das auch noch in einem erzählerisch sehr konventionellen Ton daherkommt, macht die Lektüre zäh. Man fragt sich unweigerlich, wo hier das Lektorat geblieben ist – oder ob jemand sich schlicht nicht traute, dem Tagebuchprosa-Wildwuchs der vielfach ausgezeichneten Autorin Grenzen zu setzen.

Denn genau das ist das größere Problem dieses Romans: nicht, dass er schlecht wäre – sondern dass man ihn als den besten seiner Gattung prämiert hat. Wenn ein Werk wie Parts per Million, das nicht einmal Phantastik ist, einen Preis für das „beste phantastische Buch“ gewinnt, wirft das Fragen auf. Nicht nur über die Entscheidung der Jury, sondern über die Definition des Genres. Wird hier weniger Phantastik prämiert als vielmehr Feuilletonkompatibilität?

Noch belastender ist der Eindruck eines Preis-Kaskadeneffekts: Hannigs Renommee als progressive Autorin mit relevanten Themen scheint ihr ein Standing zu sichern, das kritische Auseinandersetzung verhindert. Man fragt sich unwillkürlich: Wie schwach waren die anderen Einsendungen, wenn ein literarisch so uneingelöstes Werk den Seraph gewinnt?

Parts per Million ist beileibe kein schlechtes Buch. Es ist ein ambitionierter, aber letztlich nicht gelungener Versuch, Gegenwartskritik in Literatur zu gießen. Ein Text, der viel anreißt, aber wenig durchdringt – und es ist meiner Ansicht nach der falsche Preisträger, weil seine Schwächen – Erzählstruktur, Figurenzeichnung, Tiefe – seine Stärken – Thema, Zeitgeist, Anspruch – überwiegen und er zudem im falschen Genre prämiert wurde.

Ein Debattenbeitrag? Möglicherweise.
Ein Roman, der die Debatten weiter bringt? Leider nicht.

Endlich wieder live lesen!

Erste Lesung aus „Moriarty und der Schächter von London“

Das Buch:

London, 1894. Eine bizarre Mordserie an prominenten Mitgliedern der Gesellschaft stürzt die Stadt in Angst. Der Täter tötet seine Opfer auf eine Weise, die auf religiöse Bräuche der nichtchristlichen Einwohner Londons hindeuten. Professor James Moriarty muss wider Willen eine Allianz mit seiner Nemesis, einem kokainsüchtigen, selbsternannten Meisterdetektiv Sherlock Holmes, eingehen, um dem Serienmörder das Handwerk zu legen. Unterstützung bekommt der offiziell als tödlich verunglückt geltende, wohlhabende Londoner Gelehrte dabei durch Molly Miller, Gelegenheitseinbrecherin und Überlebenskünstlerin.

(Eintritt frei – die Bücherbüffet-Bar hat geöffnet)

Lindwurm im Netz

Es ist vollbracht! Die erste Fassung des Belletristik-Webshops von Bedey & Thoms Media ist online. Ihr findet sie unter www.bedey-thoms.de

Der Shop ist noch nicht fertig, wir haben aber entschieden, jeweils das, was da ist, trotzdem online zu stellen. „Mein“ Imprint Lindwurm ist wie einige andere leider noch Work in Progress und hat erst einmal nur eine Landingpage. Hieran arbeiten wir aber mit Hochdruck, ab Ende Februar steht euren Einkäufen nichts mehr im Weg. 

Fantastischer BuCon

Home

An Samstag, 23. 10., findet auch in diesem Jahr – wie an jedem Frankfurter-Buchmesse-Samstag – die BuCon statt. Coronabedingt beschränkt sie sich dieses jahr auf eine Online-Veranstaltung.

Den Gesamtüberblick über das überaus reizvolle Programm findet ihr unter der URL im obigen Logo. Hier kurz zusammengefasst das, was Lindwurm und unser SF-Schwesterimprint Plan 9 so anbieten:

UhrzeitAutor:inTitel der LesungModeration
12 UhrPetra JörnsIm Licht der Horen 2 – AnatoleSandra Thoms, Inhaberin, Bedey&Thoms Media
13 UhrChristian MetzgerSelbst Feen können sterbenOliver Hoffmann, Programmleitung Lindwurm
14 UhrKia KahawaEndstationSandra Thoms, Inhaberin, Bedey&Thoms Media
15 UhrNadine Muriel und Rainer WüstDas geheime SanatoriumOliver Hoffmann, Programmleitung Lindwurm
16 UhrLucian CaligoDie EisenritterSandra Thoms, Inhaberin, Bedey&Thoms Media
17 UhrHelena WagenschutzDie WahrhaftigenOliver Hoffmann, Programmleitung Lindwurm

Außerdem rede ich am Samstagabend von 19:30 bis 20:00 Uhr im Rahmen der virtuellen BuCon auf Twitch eine halbe Stunde mit meiner Chefin und Kollegin:

Fantasy oder Science-Fiction: Wo verlaufen die Grenzen?
Ist das Fantasy oder Science-Fiction – nicht immer ist die Frage so einfach zu beantworten, wie es scheint. Wo sind die Grenzen und wo verschwimmen sie? Dazu unterhalten sich Sandra Thoms und Oliver Hoffmann, die Programmleitungen von Plan9 und Lindwurm. Plan9 und Lindwurm sind die beiden Phantastik-Imprints der Bedey & Thoms Media. Vielfalt durch Gemeinschaft – das ist das Motto, und deshalb vereinen wir unter unserem Dach Verlage aus sämtlichen belletristischen Genres. Als Teil der Verlags-WG deckt Plan9 das Genre Science-Fiction ab, während Lindwurm sich der Fantasy widmet.
Die Geschichten von Plan9 durchbrechen gängige Vorstellungen von Gesellschaft und zeigen, was sein könnte, wie Technik und vor allem künstliche Intelligenz den Alltag verändern, und das immer mit einem besonderen Blick auf die Rolle der Frau, denn die Zukunft ist weiblich. Natürlich bleibt die Zukunft ein Abenteuer, so wie unsere Bücher.
Aus der Leidenschaft für alles Fantastische heraus entstanden bietet Lindwurm vor allem High und Urban Fantasy ein Zuhause. Neben neuen Welten und der bekannten, in der es mindestens ebenso viel neu zu entdecken gibt, finden wir den Zauber auch in Galaxien und überall dort, wo er vielleicht nicht zu vermuten war.
Mehr unter:
https://www.plan9-verlag.de/
https://www.lindwurm-verlag.de/
https://www.bedey-media.de/

Wir freuen uns, euch virtuell begrüßen zu dürfen!

Lindwurm goes Dreieich

Das neue Logo

Die ersten Großereignisse des Herbstes werfen ihre Schatten voraus, also zückt die Terminkalender.

Am 20. und 21. 11. findet (auch dieses Jahr online) die Dreieich-Con statt. ich selbst werde am 20. 11. um 11 Uhr eine Viertelstunde lang live und in Farbe den Verlag vorstellen und (so vermute ich) Fragen dazu beantworten.

Und die wunderbare E. S. Schmidt wird ein Panel bestreiten, bei dem sie hoffentlich unter anderem aus ihrem dann brandneu erschienenen Zweiteiler Welt der Schwerter liest.
More details to come – stay tuned!

Wann ist ein Mann ein Mann?

Heute zeige ich euch mal den Zweiteiler, den ich gerade für Lindwurm bearbeite. Ich kann leider nicht behaupten, ihn eingekauft zu haben, aber wäre ich bereits am Ruder gewesen, als die Entscheidung anstand, ich hätte es getan. So habe ich nun die Freude, das Werk zu lektorieren und die Autorin auf den letzten Schritten des Weges zu begleiten.

Worum geht es?

Eine Welt, die den besten Krieger zum König kürt, wird immer eine Welt der Schwerter bleiben

Erst die Ehe mit der Hohepriesterin Lynn garantiert Prinz Siluren dem Zauderer die Königskrone. Sein Halbbruder, Cordian der Kaltblütige, soll die Braut zum Schloss eskortieren. Doch während ihrer Reise fällt die Armee des Nachbarreichs ins Land ein.

Coridan versucht, Lynns Leben zu schützen. Die hingegen bemüht sich herauszufinden, welche Pläne die Erdmutter für sie und ihr Land hat. Sie trägt das Mal der Göttin auf der Stirn, dessen Anblick jeden Mann in Liebe entbrennen lässt, doch darf sie ihr persönliches Glück über das des Reiches stellen?

Siluren wird derweil von seinem Vater in eine abgelegene Burg in Sicherheit gebracht, da Kampf und Krieg nie seine Stärken waren. Er ahnt jedoch, dass er mit einem Sieg endlich den Respekt des Vaters erringen würde. Doch zu welchem Preis?

Ab Herbst könnt ihr es herausfinden …

Die harten Fakten im Überblick:

Autorin: E. S. Schmidt
Titel: Welt der Schwerter I & II
Verlag: Lindwurm
Erscheinung: Oktober bzw. November 2021
Lektorat: Oliver Hoffmann
Format: Softcover , je ca. 320 S., ca. 15 € (auch als eBook erhältlich)

Wer zur Hölle ist eigentlich … Tom Flambard?

Manchmal läuft es seltsam im Verlagsgeschäft. Kennt ihr diese Enthüllungsreportagen, bei denen Kronzeugen im Schattenriss mit einer Baseballkappe auf dem Kopf hinter einem semitransparenten Wandschirm sitzen und über einen Stimmverzerrer sprechen, um nicht erkannt zu werden?

So ähnlich war es, als ich mit Tom Flambard über den Ankauf seiner drei Fantasy-Kriminovellen um das ungleiche Ermittlerduo Grünblatt & Silberbart sprach. Zustandegekommen war das konspirative Treffen durch eine namhafte Agentin – und da saß er nun also, der große Unbekannte, und steckte mich an mit der Begeisterung für sein neues Werk.

Worum es geht, ist eigentlich rasch erzählt. Ein übergewichtiger, korrupter Stadtgardist und ein leichtfüßiger elbischer Langfinger begegnen einander – und es ist Abneigung auf den ersten Blick. Doch eine Explosion auf dem Wazaar, dem ältestem Marktplatz der fantastischen Metropole Brae Flammar (ja, es gibt eine Stadtkarte im Buch!), zwingt sie zur Zusammenarbeit. Am Ende dürfen sich die Leser:innen über drei spannenden High-Fantasy-Novellen aus der Feder eines deutschen Bestsellerautors freuen, der hier inkognito schreibt.

Aber wer ist dieser Tom Flambard, der hier mit solcher Verve, Finesse und Leichtigkeit Holmes & Watson in fantastischen Inkarnationen beschwört? Er selbst und seine Agentin hüllen sich in Schweigen. Doch die Gerüchteküche brodelt. Man munkelt, er habe seinen wahren, allseits bekannten Namen zur Kenntlichkeit verändert. Man munkelt gar, Teile des Namens seien unverändert geblieben.

Man munkelt viel. Ich kann es euch nicht sagen. Die Spurensuche hat begonnen. Aber ich kann versprechen: Lesen lohnt sich!

Die harten Fakten im Überblick:

Autor: Tom Flambard
Titel: Grünblatt & Silberbart
Verlag: Lindwurm
Erscheinung: November 2021
Lektorat: Textmenschen, Julia Becker & Oliver Hoffmann
Format: Hardcover m. Lesebändchen, ca. 240 S., ca. 15 € (auch als eBook erhältlich)

Auf Europareise mit London Rose

Mord (und Baklava) (London Roses Europareise - Band 1) von Blake Pierce -  eBook | Thalia

Seit einer Weile habe ich das Vergnügen, für die Lukeman Literary Agency in New York als Übersetzer eine wunderbare Cosy-Krimi-Reihe zu betreuen: London Roses Europareise. Mord (und Baklava) heißt der erste Roman der charmanten neuen Reihe des Bestsellerautors Blake Pierce.

Worum geht es? Als London Rose, 33, von ihrem langjährigen Freund einen Heiratsantrag erhält, wird ihr klar, dass ihr ein stabiles, vorhersehbares, vorherbestimmtes (und leidenschaftsloses) Leben blüht, wenn sie ja sagt. Sie nimmt reißaus – und heuert jenseits des Atlantiks als Social Director auf einem europäischen High-End-Flusskreuzfahrtschiff an. London ist auf der Suche nach einem romantischen, aufregenden Leben und hofft, es auf den Flüssen Europas zu finden.

Zunächst ist sie begeistert: Die europäischen Städte sind für die junge Amerikanerin klein, historisch und charmant. Jeden Abend sieht sie einen neuen Hafen, probiert eine endlose Reihe von neuen Gerichten und trifft interessante Leute. Es ist der Traum einer jeden Reisenden – und alles andere als vorhersehbar.

Aber als bei einem Landgang in Ungarn plötzlich eine wohlhabende, anspruchsvolle Passagierin tot aufgefunden wird, wird es unangenehm. Da London die letzte war, die die Tote lebend gesehen hat, fällt der Verdacht auf sie. Ihr bleibt keine andere Wahl, als mit ihrem neuen Gefährten (dem Hund der Toten) das Verbrechen aufzuklären, um ihre Kreuzfahrtlinie und sich selbst zu retten.

Das Ganze ist komisch, romantisch, liebenswert und begeistert sich für Europas Sehenswürdigkeiten, Kultur und Kulinarik. London Roses Europareise bietet eine lustige und spannende Tour durch das Herz der Alten Welt, gepaart mit spannenden Krimihandlungen.

Buch 2, Tod (und Apfelstrudel), das natürlich in Österreich spielt, ist ebenfalls bereits erhältlich, Band 3, Verbrechen (und Bier), angesiedelt auf einem Bamberger Bierfest, kommt im Mai.

Der Lindwurm erhebt sich

… so steht es auf der Homepage des Fantasy-Imprints der Verlagsgruppe Bedey & Thoms Media. Wie schon auf Facebook kurz berichtet, werde ich – und das ist kein Aprilscherz – ab 1. 4. dort die Programmleitung übernehmen.
Zwar fühle ich mich schon ein wenig alt, seit Geschäftsführerin Sandra Thoms mich in ihrer Presseerklärung zu dieser Personalie als „Urgestein in Sachen Phantastik“ bezeichnet hat, aber tatsächlich war ich sofort angefixt, als sich dieses neue Aufgabenfeld aufgetan hat. Und obgleich uralt, verpasse ich meinem neuesten Baby erst einmal einen Facelift: Das „Verlag“ verschwindet aus dem Namen, und es wird künftig nur noch Lindwurm heißen – dass es sich nicht um eine Autowerkstatt handelt, versteht sich, denke ich, von selbst.
Ich hoffe sehr, dank meiner langjährigen Branchenerfahrung den Lindwurm zur neuen Heimat unkonventioneller Phantastik in Deutschland machen zu können. Als kleiner(er) Verlag haben wir zweifelsohne die Möglichkeit, mutiger zu sein als Publikumsverlage, bei denen „das Fantasyzeug“ vermutlich bis in alle Ewigkeit das ungeliebte, wenn auch umsatzträchtige Stiefkind bleiben wird.
Erst mal verwalte ich noch eine Weile das Erbe meiner Vorgängerin Laura Künstler; „mein“ erstes Novitätenprogramm ist Frühjahr 2022. Meinen ersten Einkauf habe ich schon getätigt: Die Wahrhaftigen aus der Feder von Helena Wagenschütz, und einen wunderbaren Zweiteiler lektoriere ich auch gerade. Aber damit ist der Hunger des Lindwurms natürlich nicht einmal annähernd gestillt – also, ihr Urban-Fantasy-Afficionados, ihr Schwertschwinger, ihr Geschichtenweber und Garnspinner: Wir lesen uns!