Angelika Niestrath und Andreas Hüging in Palma/Isla Baleares. Foto: Olaf Ballnus
Manchmal bekommt man von einem coolen Verlag ein Exposé gezeigt, verbunden mit der Frage, ob man Lust hat, daran als Lektor zu arbeiten, das einen innehalten lässt. Nicht weil es das Rad neu erfindet. Aber weil es eine ganz eigene Tonalität hat. Eine wiedererkennbare Handschrift. man ist angenehm überrascht und sagt: „Ja klar!“ So ging es mir kürzlich – als zwei alte Hasen plötzlich ganz neue Wege einschlugen.
Angelika Niestrath und Andreas Hüging – das sind Namen, die man aus dem Kinderbuchbereich kennt. Ihre Bücher – klug, witzig und oft ein bisschen anarchisch – haben sich in viele Familien eingeschrieben. Andreas ist Musiker und schreibt mit rhythmischem Gespür, Angelika bringt jahrzehntelange Erfahrung im Buchhandel und einen ganz eigenen Blick auf Geschichten mit. Gemeinsam erschufen sie unter anderem die Straßentiger-Reihe oder die Storys um Roki, einen Roboter mit Herz und Schraube.
Doch was passiert, wenn zwei kinderbucherprobte Kreative sich austoben gehen – mit der klaren Ansage: „Jetzt machen wir mal was ganz anderes“?
Genau das darf ich als Lektor nun begleiten. Ich sage nur so viel: Es ist kein Kinderbuch. Es ist keine Musikstory. Es ist … sagen wir: unterhaltsam auf eine Art, die Erwachsene freuen wird. Humorvoll, schräg, liebevoll geschrieben – mit einem Blick für Details und eine Freude an Typen, die man gerne beobachtet, von denen man manche aber nur ungern zum Kaffee einladen würde.
Was ich nicht sagen darf: Titel, Inhalt, genaue Richtung, Schauplatz und Figuren. Was ich sagen kann: Es erscheint, wenn wir im Plan bleiben – und davon gehe ich bei drei Profis in einem Boot aus – im Mai 2026. Es wird anders, und es trägt das Markenzeichen von zwei Menschen, die ihr Handwerk verstehen – und sich trotzdem trauen, ausgetretene Pfade zu verlassen.
Ich freue mich sehr auf dieses Buch – und bin gespannt, wie viele von euch es im Regal des Buchhandels vor ort (buy local!) erkennen werden, wenn es so weit ist. Keine Sorge: Ich sage euch rechtzeitig Bescheid.
Vielleicht darf ich um die Buchmessen rum schon mehr verraten. Bis dahin sage ich nur: Spannung mit Augenzwinkern – versprochen.
Ein Roman über die Radikalisierung einer Journalistin zur gewalttätigen Umweltaktivistin in einer nahen Zukunft, in der die Klimakatastrophe längst keine Nachricht mehr, aber dafür die afd an der Regierung ist: Das klingt nach einem dringlichen Stoff. Theresa Hannigs Roman Parts per Million, ausgezeichnet mit dem Seraph 2025 für das „beste phantastische Buch“, will viel – und liefert dabei erstaunlich wenig.
Denn wo ein Werk über Klima-Aktivismus, Polizeigewalt und Rebellion die scharfe Kante der politischen Fiktion hätte zeigen können, bleibt Hannigs Roman seltsam vage. Statt Systemkritik bietet er Selbstbespiegelung, statt narrativer Tiefe eine autofiktionale Geste, die sich mit Andeutungen begnügt. Das Buch wirkt, als sei es nicht für Leser:innen geschrieben, sondern fürs Feuilleton – oder zumindest für eine Jury, die literarische Relevanz über narrative Konsequenz stellt.
Dabei wäre das Sujet, eine Art postfossile RAF unter digitalem politischem und medialem Dauerfeuer, durchaus spannend. Doch Hannig schrammt arg an der Oberfläche entlang. Die Protagonistin, theoretisch zerrissen zwischen Familie und Revolution, bleibt seltsam unkonkret, ihre Motivation eher Behauptung denn Entwicklung, und während die Welt um sie herum sozial, ökologisch, ideologisch brennt, bleibt der Text kühl. Ein politisches Buch, das sich um manifeste politische Haltung drückt, ist wie ein Thriller ohne Spannung: wohlmeinend, aber blass.
Besonders auffällig ist dabei die Überfrachtung mit biografischem Ballast: Hannigs Heldin trägt eine patriarchalisch beschädigte Familiengeschichte mit sich herum, die weniger vertieft als durchdekliniert wirkt – als müsse die Figur eine seelische Fußnote bekommen. Dass all das auch noch in einem erzählerisch sehr konventionellen Ton daherkommt, macht die Lektüre zäh. Man fragt sich unweigerlich, wo hier das Lektorat geblieben ist – oder ob jemand sich schlicht nicht traute, dem Tagebuchprosa-Wildwuchs der vielfach ausgezeichneten Autorin Grenzen zu setzen.
Denn genau das ist das größere Problem dieses Romans: nicht, dass er schlecht wäre – sondern dass man ihn als den besten seiner Gattung prämiert hat. Wenn ein Werk wie Parts per Million, das nicht einmal Phantastik ist, einen Preis für das „beste phantastische Buch“ gewinnt, wirft das Fragen auf. Nicht nur über die Entscheidung der Jury, sondern über die Definition des Genres. Wird hier weniger Phantastik prämiert als vielmehr Feuilletonkompatibilität?
Noch belastender ist der Eindruck eines Preis-Kaskadeneffekts: Hannigs Renommee als progressive Autorin mit relevanten Themen scheint ihr ein Standing zu sichern, das kritische Auseinandersetzung verhindert. Man fragt sich unwillkürlich: Wie schwach waren die anderen Einsendungen, wenn ein literarisch so uneingelöstes Werk den Seraph gewinnt?
Parts per Million ist beileibe kein schlechtes Buch. Es ist ein ambitionierter, aber letztlich nicht gelungener Versuch, Gegenwartskritik in Literatur zu gießen. Ein Text, der viel anreißt, aber wenig durchdringt – und es ist meiner Ansicht nach der falsche Preisträger, weil seine Schwächen – Erzählstruktur, Figurenzeichnung, Tiefe – seine Stärken – Thema, Zeitgeist, Anspruch – überwiegen und er zudem im falschen Genre prämiert wurde.
Ein Debattenbeitrag? Möglicherweise. Ein Roman, der die Debatten weiter bringt? Leider nicht.
Erste Lesung aus „Moriarty und der Schächter von London“
Das Buch:
London, 1894. Eine bizarre Mordserie an prominenten Mitgliedern der Gesellschaft stürzt die Stadt in Angst. Der Täter tötet seine Opfer auf eine Weise, die auf religiöse Bräuche der nichtchristlichen Einwohner Londons hindeuten. Professor James Moriarty muss wider Willen eine Allianz mit seiner Nemesis, einem kokainsüchtigen, selbsternannten Meisterdetektiv Sherlock Holmes, eingehen, um dem Serienmörder das Handwerk zu legen. Unterstützung bekommt der offiziell als tödlich verunglückt geltende, wohlhabende Londoner Gelehrte dabei durch Molly Miller, Gelegenheitseinbrecherin und Überlebenskünstlerin.
(Eintritt frei – die Bücherbüffet-Bar hat geöffnet)
Es ist vollbracht! Die erste Fassung des Belletristik-Webshops von Bedey & Thoms Media ist online. Ihr findet sie unter www.bedey-thoms.de
Der Shop ist noch nicht fertig, wir haben aber entschieden, jeweils das, was da ist, trotzdem online zu stellen. „Mein“ Imprint Lindwurm ist wie einige andere leider noch Work in Progress und hat erst einmal nur eine Landingpage. Hieran arbeiten wir aber mit Hochdruck, ab Ende Februar steht euren Einkäufen nichts mehr im Weg.
An Samstag, 23. 10., findet auch in diesem Jahr – wie an jedem Frankfurter-Buchmesse-Samstag – die BuCon statt. Coronabedingt beschränkt sie sich dieses jahr auf eine Online-Veranstaltung.
Den Gesamtüberblick über das überaus reizvolle Programm findet ihr unter der URL im obigen Logo. Hier kurz zusammengefasst das, was Lindwurm und unser SF-Schwesterimprint Plan 9 so anbieten:
Uhrzeit
Autor:in
Titelder Lesung
Moderation
12 Uhr
Petra Jörns
Im Licht der Horen 2 – Anatole
Sandra Thoms, Inhaberin, Bedey&Thoms Media
13 Uhr
Christian Metzger
Selbst Feen können sterben
Oliver Hoffmann, Programmleitung Lindwurm
14 Uhr
Kia Kahawa
Endstation
Sandra Thoms, Inhaberin, Bedey&Thoms Media
15 Uhr
Nadine Muriel und Rainer Wüst
Das geheime Sanatorium
Oliver Hoffmann, Programmleitung Lindwurm
16 Uhr
Lucian Caligo
Die Eisenritter
Sandra Thoms, Inhaberin, Bedey&Thoms Media
17 Uhr
Helena Wagenschutz
Die Wahrhaftigen
Oliver Hoffmann, Programmleitung Lindwurm
Außerdem rede ich am Samstagabend von 19:30 bis 20:00 Uhr im Rahmen der virtuellen BuCon auf Twitch eine halbe Stunde mit meiner Chefin und Kollegin:
Fantasy oder Science-Fiction: Wo verlaufen die Grenzen? Ist das Fantasy oder Science-Fiction – nicht immer ist die Frage so einfach zu beantworten, wie es scheint. Wo sind die Grenzen und wo verschwimmen sie? Dazu unterhalten sich Sandra Thoms und Oliver Hoffmann, die Programmleitungen von Plan9und Lindwurm. Plan9und Lindwurm sind die beiden Phantastik-Imprints der Bedey & Thoms Media. Vielfalt durch Gemeinschaft – das ist das Motto, und deshalb vereinen wir unter unserem Dach Verlage aus sämtlichen belletristischen Genres. Als Teil der Verlags-WG deckt Plan9das Genre Science-Fiction ab, während Lindwurm sich der Fantasy widmet. Die Geschichten von Plan9 durchbrechen gängige Vorstellungen von Gesellschaft und zeigen, was sein könnte, wie Technik und vor allem künstliche Intelligenz den Alltag verändern, und das immer mit einem besonderen Blick auf die Rolle der Frau, denn die Zukunft ist weiblich. Natürlich bleibt die Zukunft ein Abenteuer, so wie unsere Bücher. Aus der Leidenschaft für alles Fantastische heraus entstanden bietet Lindwurm vor allem High und Urban Fantasy ein Zuhause. Neben neuen Welten und der bekannten, in der es mindestens ebenso viel neu zu entdecken gibt, finden wir den Zauber auch in Galaxien und überall dort, wo er vielleicht nicht zu vermuten war. Mehr unter: https://www.plan9-verlag.de/ https://www.lindwurm-verlag.de/ https://www.bedey-media.de/
Die ersten Großereignisse des Herbstes werfen ihre Schatten voraus, also zückt die Terminkalender.
Am 20. und 21. 11. findet (auch dieses Jahr online) die Dreieich-Con statt. ich selbst werde am 20. 11. um 11 Uhr eine Viertelstunde lang live und in Farbe den Verlag vorstellen und (so vermute ich) Fragen dazu beantworten.
Und die wunderbare E. S. Schmidt wird ein Panel bestreiten, bei dem sie hoffentlich unter anderem aus ihrem dann brandneu erschienenen Zweiteiler Welt der Schwerter liest. More details to come – stay tuned!
Heute zeige ich euch mal den Zweiteiler, den ich gerade für Lindwurm bearbeite. Ich kann leider nicht behaupten, ihn eingekauft zu haben, aber wäre ich bereits am Ruder gewesen, als die Entscheidung anstand, ich hätte es getan. So habe ich nun die Freude, das Werk zu lektorieren und die Autorin auf den letzten Schritten des Weges zu begleiten.
Worum geht es?
Eine Welt, die den besten Krieger zum König kürt, wird immer eine Welt der Schwerter bleiben …
Erst die Ehe mit der Hohepriesterin Lynn garantiert Prinz Siluren dem Zauderer die Königskrone. Sein Halbbruder, Cordian der Kaltblütige, soll die Braut zum Schloss eskortieren. Doch während ihrer Reise fällt die Armee des Nachbarreichs ins Land ein.
Coridan versucht, Lynns Leben zu schützen. Die hingegen bemüht sich herauszufinden, welche Pläne die Erdmutter für sie und ihr Land hat. Sie trägt das Mal der Göttin auf der Stirn, dessen Anblick jeden Mann in Liebe entbrennen lässt, doch darf sie ihr persönliches Glück über das des Reiches stellen?
Siluren wird derweil von seinem Vater in eine abgelegene Burg in Sicherheit gebracht, da Kampf und Krieg nie seine Stärken waren. Er ahnt jedoch, dass er mit einem Sieg endlich den Respekt des Vaters erringen würde. Doch zu welchem Preis?
Ab Herbst könnt ihr es herausfinden …
Die harten Fakten im Überblick:
Autorin: E. S. Schmidt Titel: Welt der Schwerter I & II Verlag: Lindwurm Erscheinung: Oktober bzw. November 2021 Lektorat: Oliver Hoffmann Format: Softcover , je ca. 320 S., ca. 15 € (auch als eBook erhältlich)
Manchmal läuft es seltsam im Verlagsgeschäft. Kennt ihr diese Enthüllungsreportagen, bei denen Kronzeugen im Schattenriss mit einer Baseballkappe auf dem Kopf hinter einem semitransparenten Wandschirm sitzen und über einen Stimmverzerrer sprechen, um nicht erkannt zu werden?
So ähnlich war es, als ich mit Tom Flambard über den Ankauf seiner drei Fantasy-Kriminovellen um das ungleiche Ermittlerduo Grünblatt & Silberbart sprach. Zustandegekommen war das konspirative Treffen durch eine namhafte Agentin – und da saß er nun also, der große Unbekannte, und steckte mich an mit der Begeisterung für sein neues Werk.
Worum es geht, ist eigentlich rasch erzählt. Ein übergewichtiger, korrupter Stadtgardist und ein leichtfüßiger elbischer Langfinger begegnen einander – und es ist Abneigung auf den ersten Blick. Doch eine Explosion auf dem Wazaar, dem ältestem Marktplatz der fantastischen Metropole Brae Flammar (ja, es gibt eine Stadtkarte im Buch!), zwingt sie zur Zusammenarbeit. Am Ende dürfen sich die Leser:innen über drei spannenden High-Fantasy-Novellen aus der Feder eines deutschen Bestsellerautors freuen, der hier inkognito schreibt.
Aber wer ist dieser Tom Flambard, der hier mit solcher Verve, Finesse und Leichtigkeit Holmes & Watson in fantastischen Inkarnationen beschwört? Er selbst und seine Agentin hüllen sich in Schweigen. Doch die Gerüchteküche brodelt. Man munkelt, er habe seinen wahren, allseits bekannten Namen zur Kenntlichkeit verändert. Man munkelt gar, Teile des Namens seien unverändert geblieben.
Man munkelt viel. Ich kann es euch nicht sagen. Die Spurensuche hat begonnen. Aber ich kann versprechen: Lesen lohnt sich!
Die harten Fakten im Überblick:
Autor: Tom Flambard Titel: Grünblatt & Silberbart Verlag: Lindwurm Erscheinung: November 2021 Lektorat: Textmenschen, Julia Becker & Oliver Hoffmann Format: Hardcover m. Lesebändchen, ca. 240 S., ca. 15 € (auch als eBook erhältlich)
Seit einer Weile habe ich das Vergnügen, für die Lukeman Literary Agency in New York als Übersetzer eine wunderbare Cosy-Krimi-Reihe zu betreuen: London Roses Europareise. Mord (und Baklava) heißt der erste Roman der charmanten neuen Reihe des Bestsellerautors Blake Pierce.
Worum geht es? Als London Rose, 33, von ihrem langjährigen Freund einen Heiratsantrag erhält, wird ihr klar, dass ihr ein stabiles, vorhersehbares, vorherbestimmtes (und leidenschaftsloses) Leben blüht, wenn sie ja sagt. Sie nimmt reißaus – und heuert jenseits des Atlantiks als Social Director auf einem europäischen High-End-Flusskreuzfahrtschiff an. London ist auf der Suche nach einem romantischen, aufregenden Leben und hofft, es auf den Flüssen Europas zu finden.
Zunächst ist sie begeistert: Die europäischen Städte sind für die junge Amerikanerin klein, historisch und charmant. Jeden Abend sieht sie einen neuen Hafen, probiert eine endlose Reihe von neuen Gerichten und trifft interessante Leute. Es ist der Traum einer jeden Reisenden – und alles andere als vorhersehbar.
Aber als bei einem Landgang in Ungarn plötzlich eine wohlhabende, anspruchsvolle Passagierin tot aufgefunden wird, wird es unangenehm. Da London die letzte war, die die Tote lebend gesehen hat, fällt der Verdacht auf sie. Ihr bleibt keine andere Wahl, als mit ihrem neuen Gefährten (dem Hund der Toten) das Verbrechen aufzuklären, um ihre Kreuzfahrtlinie und sich selbst zu retten.
Das Ganze ist komisch, romantisch, liebenswert und begeistert sich für Europas Sehenswürdigkeiten, Kultur und Kulinarik. London Roses Europareise bietet eine lustige und spannende Tour durch das Herz der Alten Welt, gepaart mit spannenden Krimihandlungen.
Buch 2, Tod (und Apfelstrudel), das natürlich in Österreich spielt, ist ebenfalls bereits erhältlich, Band 3, Verbrechen (und Bier), angesiedelt auf einem Bamberger Bierfest, kommt im Mai.